20. September 2008

Stierkampf (6 Bullen, 3 Matadore)

Wir kamen zu spät ... gerstern gab es nur noch Karten für heute, naja bis auf bei den umstehenden freien Händlern. Da bekamen wir Tickets für eigentlich 28 Euro für 20 und hofften, dass sie nicht nur original aussahen die Tickets, sondern auch waren ;)
Aber sie waren wirklich echt. Problem nur, wir waren soo spät, dass der erste Kampf bereits begonnen hatte und natürlich alle am brüllen, von wegen setzen und keine Ahnung, also wir erst mal auf den falschen Plätzen gesessen, nach dem dann der erst Kampf vorbei war sind wir wieder weitergezogen. Aber Spanier sind ja ein echt katastrophales Massenvolk ... alle brüllen "Geh weiter, geh weiter", vergessen allerdings, dass sie dazu auch Platz machen müssten. So ganz gecheckt haben die das System noch nicht. Zum kotzen, ich war echt kurz davor zu explodieren und fluchte leise vor mich hin (jaa ich weiß ja wir waren zu spät und soweiter und so fort, aber diese Art ging mir ja sowas von aufn Sack) naja nach stolpern, schieben, vorwärtskommen, sind wir noch grade rechtzeitig vor dem Beginn des zweiten Kampfes bei unseren Plätzen angekommen. Ein Wahnsinn, ich mein ein proppe volles Stadion, über all Menschen, die sich mit Fächern Luft zu fächelten. Eine ungelaubliche Geräuschkulisse. Und die meisten Männer mit dicker Zigarre in der Backe. Vor allem sind die meisten Besucher echt so Dauerkartenbesitzer... total krass, mein Sitznachbar vom Anfang erzählte mir, dass gestern also am Donnerstag die kämpfe super gewesen wären und auch weniger Leute... mehr hab ich nicht verstanden. Auf jeden Fall waren Kampf ein bis drei echt schnell vorbei und anscheind laut dem Publikum auch nicht soo toll. Weil es wurden keine Taschentücher geschwenkt und es gab keine Olé - Rufe. Kampf vier allerdings war dann so aufregend, dass beim aufspringen mein Hintermann mit seiner Zigarette über meine linke Schulter schrammte. Also wenn ich schon in diesem beengten Raum rauchen will, dann sollte ich es auch so können, dass ich nicht meine Vorsitzer oder Nebensitzer beschädige. War ja jetzt nur ein Lackschaden, von daher nicht weiter schlimm, aber diese Spanier haben ja echt keinen Sinn für Rücksichtnahme oder Aufmerksamkeit, sie nölen dich aber ungemein gerne mit ihren Geschichten und Weisheiten voll.
Nach dem vierten Kampf glaub ich gabs für den Matador schon standing ovations und es wurde mit weißen Tüchern wurde geschwenkt.. oder war das erst bei Kampf fünf und sechs .. also die letzten beiden Matadores warn anscheind die Helden hier und die bekamen jede Menge Blumen und Hüte nach dem Kampf zu geschmissen und lächelten schmierig, arrogant in die Menge.
Also diese Matador- Figuren sind ja aber auch ... also ich habe selten sowas Lächerliches gesehen, mit ihren pomadierten Frisuren, Glitzerdress und den pinken Socken ... allein der Aufzug ist zum totlachen, aber dann auch noch ihr Gehabe in der Arena. Also erst "tanzen" sie mit dem Stier, also sie lotsen ihn mit Hilfe des Tuches in verschiedene Richtungen und der Stier dreht sich und hüpft mal und so. Der eine hat sogar ganz toll getanzt, der machte mal so seitwärts Ballerinatrippelschritte und echt, ich musste so lachen, das Publikum klatschte und war begeistert, ich glaube sie verwechseln hier Eleganz mit Komedie.

Ganz toll, und immer wenn so ne Session vorbei war, schmiss er den Kopf in den Nacken, ging in ein noch hohleres Hohlkreuz, warf die Arme nach oben und ließ sich mit stolzer Miene feiern. Immerhin hatt er ja grad dem dummen Stier gezeigt wer hier der Boss ist. Gut ihm wird die Arbeit ja auch echt vereinfacht, erst wird der Stier en bissel müde gemacht, dann kommen zwei Reiter zu Pferd, die ihn dann schon mal en bissel zwischen die Schultern piksen, während der Bulle gegen das Pferd rennt und es versucht aufzuspießen. Aber mitlerweile müssen die Pferde eine Art Steppdecke als Schutztrage, früher sind sie mehr tot als lebendig wieder aus der Arena gekommen, jetzt hinken sie ja nur noch, also alles halb so wild ne. Außerdem haben sie Augen und Ohren zugebunden, um ihren Fluchtreflex zu unterdrücken, also stehen sie Ahnungslos in der Arena drinne bis der Bulle gegen sie rennt. Danach dürfen sie wieder gehen. Nachdem dem Stier der Nacken aufgerissen wurde, kommen so zwei bis drei lustig angezogene Heinis und versuchen jeweils zwei Speere mit Widerhaken in den Nacken des Stieres zu stoßen. Wenn das gut gelingt klatscht das Publikum und ruft laut aus, wenn nicht gibts Pfiffe und Buh- Rufe. Naja und wenn dann vier bis sechs Stangen im Bullen drinne hängen, kommt der Matador wieder und lässt ihn tanzen, dazu wird der Passo Doble gespielt, und wenn man ein berühmter Matador ist darf man sich sogar aussuchen welcher Passo Doble gespielt wird. TOLL... Und wenn der Matador genug bewiesen hat, dass er stärker ist als der Stier und die Macht über ihn hat, dann holt ein Stechmesser und stellt sich vor den Stier, geht auf die Zehnspitzen und rammt es ihm zwischen die Schulterblätter ins Herz, also da sollte es eigentlich landen. Keine Ahnung ob das gestern geklappt hat bei denen, bei zweien schon mal nicht wirklich, weil die bluteten dann einfach nur auch aus dem Mund und sprangen erst noch mal zwei Minuten rum... Wenn der Stier dann endlich aufgibt und sich hinlegt, dann kommt son Kerlchen und steckt noch mal einen Dolch in den Nacken. Leider sind die nicht wirklich treffsicher und so stocherte bei Stier Fünf und Sechs der Mann noch ein paar Mal nach ohne jedoch, dass dadurch der Tod des Stiers herbeigeführt wurde. Aber das war dem Mann dann auch egal, denn er musste die Ohren als Trophäe und Geschenk für den Matador abschneiden... der Stier lebte noch ...
Die beiden beliebtesten und anscheind auch besten Matadore wurden mit standing ovations und schwenken von weißen Tüchern, als Zeichen der Anerkennung verabschiedet.
Aber sogar ein anscheinend sehr guter Stier bekam eine Ehrenrunde und wurde auch mit dem Schwenken weißer Tücher verabschiedet.

Es hab zwei Stiere Nummer Fünf. Da der erste fünfte Stier anscheinend irgendetwas gemacht hatte (wobei wir alle drei nicht wussten, was ihn nun von Stier fünf(2) und Stier sechs unterschied) und das Publikum schrie irgendwas verschonen oder Gnade oder so was und schwenkte wieder ihre weißen Tücher, der Präsident der Veranstaltung zeigte die grüne Karte und der Stier draf nun sein Leben als Zuchtbulle zu Ende leben.
Aber der wollte gar nicht mehr aus der Arena, also sie schickten eine kleine Herde rein damit der Stier mit denen rausläuft. Aber der war schon so durch den Wind, der hat das nicht kapiert, na gut ich glaub ich wäre auch etwas durcheinander, wenn mir vier Stangen in meinem Nacken stecken würden. Naja nach dem vierten Versuch haben sie es geschafft den Stier mit der Herde raus zu treiben und das Publikum klatschte. Glücklicher Stier.
Was wir leider nicht gesehen haben ist, dass son Torero mal unaufmerksam war und der Stier ihn getroffen hätte. Leider, ich mein ich bin nicht unmenschlich, aber ich denke es wäre nur ausgleichende Gerechtigkeit, wenn einer der Verrückten da unten im Sand nen Schaden davon tragen würde. Am besten der Matador. Ich will ja nicht das dem was wirklich schlimmes passiert, oder dass er stirbt, aber keine Ahnung, en gebrochener Knochen oder sowas halt. Das Stadion brodelte bei den letzten drei Kämpfen, die Leute verlangten Musik schrieen Olé wenn der Matador ne tolle Figur mit dem Stier tanzte.

Ich weiß auch nicht, es war auf eine gewisse Art und Weise echt unglaublich... und ich habe die Kämpfe auch gar nicht so wahrgenommen, das lief da alles so völlig routiniert ab, sogar das Publikum war total routiniert, das war eher so als würde man die Lieblingsserie im Fernsehen anschaun. Ja genau so war das, alle schauten sich ihren Liebglinsserie an ... und das fand ich so komisch daran, das wars warum ich mir vorkam wie im Kino oder so, weil irgendwie kam mir alles so fern vor, so unreal...
In der Halbzeitpause packte man dann fröhlich sein Essen und Trinken aus den riesigen Kühlboxen aus, Oliven, Krebsfleischersatz, belegte Brote, gefüllte was weiß ich was. Bier, Wein, Schnaps... alles dabei. Riesenpicknick total krass.
Wobei ich irgendwie mehr Mitleid mit den Pferden hatte, da der Stier spätestens nach 20 Minuten alles überstanden hat, aber die bekommen immer wieder die Hörner zu spüren und müssen immer wieder rein und werden kaputt gemacht.
Sehr passend auch, direkt gegenüber des Plaza de Torros ist ne Metzgerei, die auch noch nach dem Stierkampf offen hatte ...
Also zusammengefasst, ein krasss Ereignis, das mir immer noch nicht wirklich real vorkommt, obwohl ich nun eine Nacht drüber geschlafen habe. Die alten Herren im Stadion sind sehr nett, wäherend die jungen Männer selten sind und die Frauen echt voll arrogant sind und total genervt schauen, bis dann ihr Liebglingsmatador auftritt, den sie gerne mal vögeln wollen, aber ziehmlich sicher nie werden. Oooch Schade eine Runde Mitleid für die alten Schrullen. Ansonsten ist es ein Hexenkessel. Laut, verqualmt, voll, heiß.

Ich empfinde es immer noch als totalen Schwachsinn und am lächerlichsten finde ich die Matadore, ich weiß auch nicht, warum man unbedingt mit sonem Typen ins Bett will, die haben doch eh wahrscheinliche alle nen Knacks in der Birne und nen mega Minderwertigkeitskomplex, weil sie nen Sprachfehler haben, total schüchtern eigentlich sind, oder ihre zweite Nase (auch als Gehirn bezeichnet) nicht die gewünschte Größe hat... naja, nicht mein Problem. Nach dem Kampf verteilte son Matador aus seinem Auto raus noch Autogrammkarten ... was da fürn Andrang war unglaublich.
Ich kann mich nicht einigen, auf der einen Seite gehört es doch irgendwie zur Kultur Spaniens, aber die meisten Spanier interessieren sich gar nicht mehr so dafür, aber auf der anderen Seite kann ich sowas nicht gut heißen. Dieser Zwist wird wohl noch lange bestehen.

der Hexenkessel

der Matador, der bei seinem zweiten Kampf besonders schöne Ballerinafiguren gezeigt hatte
Stier: tot, naja vll.

der begnadigte Stier

stolzer glitzerlila Matador, ich glaub die tragen Glitzer,weil das für den Stier wie Lichtblitze ist und er ihn nicht orten kann, glaub ich, weiß ich aber nicht






begeisterter Jubel für den Matador

Aufgabe

2 Kommentare:

gudruncita hat gesagt…

igitt, stierkampf ist eklig! das ist keine kultur sondern ein mangel daran, finde ich. sag mal, süße, du wirkst nicht so, als fändest du es richtig cool in spanien. schreib doch mal über die schönen sachen!!! dagmar und ich kommen im november nach madrid, lass uns skypen o. ä. deswegen. gruß und kuss.

polypepper hat gesagt…

unterschiede zum kino:
- ticketpreise
- im kino darf man kein picknick machen
- im kino wird eingeblendet: "bei den dreharbeiten kamen weder stiere noch pferde zu schaden!"

ich hoffe, in echt gefällt es dir in spanien und du nutzt den blog nur, um dich über das fremde erst ein bisschen auf- und dann wieder abzuregen. das ist eine gute verarbeitungstaktik, denke ich.

liebe grüße. polypepper.