16. September 2008

Warten auf den Bus

Also nicht nur, dass es sehr unangenehm sein kann in einem überfüllten Bus zu fahren, nein es kann auch sehr unangenehm sein an einem Streiktag auf den Bus bei steigenden Temperaturen zu warten.
Man wartet sogar so lange, dass sogar der geduldige und an warten gewöhnte Spanier aufgibt und seinen Weg zu Fuß oder mit dem Taxi fortsetzt.
Heute habe ich mal wieder über eine Stunde gewartet bis der Bus zur Universität kam, aber wenigstens war ich nicht alleine in meiner Unwissenheit, alle Spanier und sonstigen Personen an der Bushaltestelle hatten auch keine Ahnung, alle hofften nur, dass irgendwann irgendein personenbeförderndes Nahverkehrsfahrzeug, das sich in die gewollte Richtung durch den Verkehr schaukelte, auftauchen würde. Das Problem wird dadurch verstärkt, dass irritierende Fahrzeiteninformationszettel in den Bussen angebracht sind, auf denen vermerkt ist, wann denn so ein Bus während des Streiks noch fährt. Irritierend deshalb, da es sich bei den Zeiten wohl eher um Richtlinien handelt, die man nicht so genau beachten muss, und daher mehr verwirrend, als hilfeleistend. Da hilft leider nur warten, gut ich habe mir eh angewöhnt immer genügend Zigaretten dabei zu haben und mindestens eine Flasche Wasser, also kann mich weder Langeweile noch Hitze wirklich davon abhalten auszuharren, so leicht gebe ich schließlich nicht auf und am Ende muss mich der Fahrer doch mitnehmen, hehe.
Gut aber auf den Bus warten kann ich ja eigentlich auf den Tod nicht austehen. Nicht weil mich das langweilt (gut das auch aber nicht bemerkenswert), aber es ist ja erst der Anfang einer Odyssee.
Wenn man denn nun erfolgreich eines dieser begehrten Fahrzeuge erwischt, auf das nun alle eine oder sogar zwei Stunden gewartet haben, ist der Bus voll. Ein voller Bus mit lauten Leuten, der sich sehr gemächlich durch die Gässchen windet. Nerv. Aber gut ich will es ihnen lassen, heute waren die Busse mal wieder klimatisiert, das ist auch eher Tagesform abhängig. Und da nun auch einige das Warten aufgegeben hatten, war der Bus zwar voll, aber nicht überfüllt, zum Glück.
Anderes Problem war, dass der Besuch an der Uni natürlich quasi wieder zwecklos war, obwohl ich solangsam beginne das komische System zu verstehen. Und außerdem befanden sich zum Zeitpunkt meines Eintreffens zwei weitere Studentinnen des Erasmus Programmes innerhalb des Büros für internationale Beziehungen (was für mich eher immer nach Botschaft oder so klingt, auf jeden Fall nicht nach "Info- und Hilfszentrale für gestrandete StudentInnnen auf einer Erasmus-Spaß Tour). Wir schmissen unsere Ahnungslosigkeit zusammen und erkannten einen roten Faden, so wurden aus drei mal Halbwissen, fast ein Ganzwissen. Weisheit will hier eh niemand erlangen.
Sodann machten wir uns auf den Weg um auf den Bus zurück in die Stadt zu warten, dauerte dieses Mal nur eine halbe Stunde und ist somit Rekordzeit und begeisterungswürdig. Da die Straßen auch nicht so voller Busse waren, ging die Fahrt sogar zehn Minuten schneller als normal, sehr faszinierend. Allerdings war die Laune der Fahrer sehr weit unten im Keller, klar ist Streik und sie müssen fahren, heißt wahrscheinlich bekommen sie auch einiges vom Ärger der Fahrgäste ab, wobei ich niemanden sah, der sich lauthals beschwerte, man erduldet es hier eher schweigend.
Da fällt mir auf, dass ich mich im spanischen Verfluchen und Schimpfen unbedingt üben muss, ist ja meine kleine Leidenschaft, also das kurze Ausrasten mit anschließender Zufriedenheit.
Ich habe bisher ja sowieso auf den Bus weitesgehend verzichtet, außer ich muss zur Uni, weil es mir einfach zu anstrengend ist alle Busfahrpläne an den Haltestellen durchzugehen um zu wissen mit was ich denn wo und wann hinkomme (während des Streiks sowieso nicht möglich zu wissen). Da suche ich doch lieber auf meinen Plan die Straßen raus und latsche dann los. Immerhin habe ich so die grandiose Fähigkeit erlangt mich auch ohne Plan und Hilfe orientieren zu können, deshalb befand ich mich auch in der Lage Ina ein Internetcafé (das sogar real existiert) zu besorgen und dann für Marie die Wohnungen die sie anschauen wollte und will auf dem Stadtplan zu suchen und sie dann einmal quer durch die Stadt zu schleifen (ohne Plan)*immer noch sehr stolz bin*.
Busfahren dagegen bingt kalte Füße, sowie kalte Nase und Ohren, manchmal sogar Gänsehaut bis unter die Fingernägel und einen mäßig guten Eindruck der Stadt.
Außerdem bin ich Zeugin eines weiteren Spektakels des Mauren und Ritter Festes geworden. Nämlich auf dem Plaz vor der großen, dicken, wahnsinnig alten und naja halt christlichen/katholischen Kathedrale wurde ein Theaterstück aufgeführt, nachdem mal wieder eine Parade durch die Straßen gezogen war, allerdings kleiner, als die am Samstag.
Dieses Theaterstück handelte von der Befreiung des armen Murcias von den Mauren durch die heldenhaften christlichen Ritter die felsenfest standhielten und durch viel Reden (paaah klar reden, genau keine Angst der beißt nicht, der bellt nur) und Gottes Beistand Murcia zurück gewinnen konnten und fest in ihre christlichen Arme nahmen um sie zu trösten und zu schützen vor den komischen goldtüllstoffhaften Mauren.
Nichts verstanden von dem was der Maurenkönig Murcias (oder von was weiß ich denn was) redete, nicht nur weil spanisch, sondern auch weil Akkustik mehr als grottig und also: Leute wenn man schon Mikros hat, dann sollte man sie auch anmachen, das hilft für das bessere Verständis. Aber gut Bilder und Taten sagen ja eh mehr als tausend Worte und daher war das Reden und Stehen und Reden und Stehen schon sehr tiefbewegend.
Ich glaube ich habe den tieferen Sinn dieses Festes und der Auseinandersetzung mit der Vergangenheit auf diese Art und Weise, wie sie hier gepflegt wird, einfach noch nicht genug ergründet um diese höchstamüsanten Festtagsaktionen genug zu würdigen. Heute kam ich mir eher wie bei der Augburgerpuppenkiste vor, wozu ja die Blechbüchsen Armee der Ritter auch hervorragend passte.
Achso man hatte natürlich, um eine möglichst realistische Umgebung darzustellen auf diesem Platz vor der Kathedrale noch ganz viele lustige Papppalmen aufgestellt und so eine kleine Bühne in Andeutung eines großen und mächtigen Marmor-Mauren-Palast konstruiert. Wieder mal ein sehr witziges Spektakel, ich wusste nur wieder mal nicht, ob nun Komödie oder doch Historiendrama, habe auch nicht mehr lange genug gewartet, um zu sehen, ob es nun eine Leiche, sprich einen toten Maurenkönig gab oder nicht.
Vielleicht finde ich sein Grab, dann werde ich es wissen.
Aber ich glaube das Stück war relativ kurz, gut Echtzeit wäre auch ein bisschen viel Text für die Schauspieler, außerdem würden einige dann das Ende des ganzen Kampfes um Murcia gar nicht mehr mitbekommen und ein toter Mann ist kein guter Mann. Naja obwohl, vielleicht korrigiere ich diese Aussage dahingehend, dass ein reicher toter Mann, der einem sein Erbe hinterlässt, vielleicht doch ein guter Mann ist. Aber ich,als Normalverbraucherin, sehen den Mann, als lebends Objekt, als nützlicher an. Doch ich glaube jetzt ist nicht die Uhrzeit um sich über Mann sein oder nicht sein auszulassen.
Was mir dazu aber gerade noch einfällt ist, als wir an der Touristeninfo irgendwas gefragt haben, ich weiß nicht mehr was, irgendein Gebäude, das mir noch nicht untergekommen ist. Höre ich hinter mir "Boys now we're saved", glaube mit irischem Akzent. Ich drehe mich um und erblicke drei blasse, sonnenbrandige hilflose Herren der Schöpfung die ziehmlich planlos einen Stadtplan vor sich hielten und ihn drehte und wendeten, aber einfach nicht daraus schlau zu werden schienen... gut es war auch nur ein kleiner Stadtplan, vielleicht hätten sie einen größeren gebraucht um den Sinn dieses Gegenstandes vollkommen zu durchschauen, ich weiß es nicht, war auf jeden Fall putzig (putzig ist vielleicht falsch, eher total lustig, da die Jungs jetzt auch nicht mehr die jüngsten waren und zumindest das Studienalter bereits erreicht hatten). Als wir dann mit der gewünschten Gebäudeinfo wieder die Infobox verließen, stieß der noch am fittesten wirkende Jüngling hervor und brüllte die Infobox- Frau an "Hablas en english!?" Gut, ich prustete los (gemein aber hei witzig war es schon, und naja es war auch kein boshaftes Prusten eher ein verständnissvolles) und ich glaube es war noch in seiner Hörweite, egal, urkomisch, sehr witzig, ich hab mich gekringelt vor lachen. Aber immerhin sprach er mit so einer Begeisterung, als wolle er diesen Stadtplan wirklich verstehen, seine beiden Kumpels lümmelten erschöpft auf einer Bank und fächelten sich Luft zu, dabei war es gar nicht mehr so heiß. Als seien sie auf einer Insel gestrandet, ohne Wasser, ohne Essen und nach endloser Wanderung finden sie endlich ein Dorf und rufen aus "Jungs wir sind gerettet!". Ich sag euch herrlich, mein Kopf drehte gleich einen kleinen Robinson Crusoe Film.
Witzige Episode.

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